Einwilligungsvorbehalt

Der Einwilligungsvorbehalt ist eine spezielle Anordnung eines Betreuungsgerichtes, die zusätzlich zu einer Betreuerbestellung erfolgen kann und die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen einschränkt.
Die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen ähneln der früheren Entmündigung wegen Verschwendung.

Die Voraussetzungen dieses Einwilligungsvorbehaltes sind in § 1903 BGB geregelt.

Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsgericht an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt). Die §§ 108 bis 113, 131 Abs. 2 und § 210 gelten entsprechend.

Es muss demnach eine erhebliche Gefahr für Person oder Vermögen des Betreuten drohen. Die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts setzt auch voraus, dass der Betreute aufgrund einer psychischen Erkrankung seinen Willen nicht frei bestimmen kann (z. B. bei Menschen mit Wahnerkrankungen, besonders in manischen Phasen, in denen diese sich und insbesondere ihre finanziellen Möglichkeiten völlig überschätzen). Auch ein pathologisches Spielen (Spielsucht) kann ein Grund zur Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes darstellen.

Einwilligungsvorbehalt kann nur zusammen mit einem bestimmten Aufgabenkreise des Betreuers angeordnet werden. Meist ist dies der Aufgabenkreis der Vermögenssorge, es sind aber auch andere Aufgabenkreise vorstellbar, z. B. Wohnungsangelegenheiten.

BayObLG, Beschluss vom 4. Februar 1997 – 3 Z BR 8/97 FamRZ 1997, 90 „Betreuerbestellung zur Verhinderung einer (weiteren) Verschuldung des Betroffenen 1. Die Bestellung eines Betreuers für den Aufgabenkreis Vermögenssorge kann auch erforderlich sein, um eine (weitere) Verschuldung eines Betroffenen zu verhindern, selbst wenn er vermögenslos ist. 2. In einem solchen Fall ist in der Regel auch die Anordnung eines Einwilligungs

Es kann sein, dass erst im Rahmen der Betreuertätigkeit klar wird, dass ohne einen Einwilligungsvorbehalt der Betreute gefährdet bleibt. In solchen Fällen kann der Betreuer die Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes beim Betreuungsgericht beantragen (§ 1901 Abs. 5 Satz 2 BGB).

Werden dem Betreuer Umstände bekannt, die eine Aufhebung der Betreuung ermöglichen, so hat er dies dem Betreuungsgericht mitzuteilen. Gleiches gilt für Umstände, die eine Einschränkung des Aufgabenkreises ermöglichen oder dessen Erweiterung, die Bestellung eines weiteren Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (§ 1903) erfordern.

In solchen Fällen wird ein neues gerichtliches Verfahren nebst erneuter Anhörungen und eines Sachverständigengutachtens erforderlich, wenn seit der letzten Begutachtung mehr als 6 Monate verstrichen sind (§ 293 FamFG).

§ 293 Erweiterung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts

(1) Für die Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers und die Erweiterung des Kreises der einwilligungsbedürftigen Willenserklärungen gelten die Vorschriften über die Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Einer persönlichen Anhörung nach § 278 Abs. 1 sowie der Einholung eines Gutachtens oder ärztlichen Zeugnisses (§§ 280 und 281) bedarf es nicht,
1. wenn diese Verfahrenshandlungen nicht länger als sechs Monate zurückliegen oder
2. die beabsichtigte Erweiterung nach Absatz 1 nicht wesentlich ist.

Eine wesentliche Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers liegt insbesondere vor, wenn erstmals ganz oder teilweise die Personensorge oder eine der in § 1896 Abs. 4 oder den §§ 1904 bis 1906a des Bürgerlichen Gesetzbuchs genannten Aufgaben einbezogen wird.

(3) Ist mit der Bestellung eines weiteren Betreuers nach § 1899 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Erweiterung des Aufgabenkreises verbunden, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

Da die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts deshalb erst nach einiger Zeit eingreift, gibt es in Eilfällen die Möglichkeit, zunächst die Einrichtung eines vorläufigen Einwilligungsvorbehaltes im Rahmen einer einstweiligen Anordnung zu beantragen (§ 300 FamFG).

§ 300 Einstweilige Anordnung

(1) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung einen vorläufigen Betreuer bestellen oder einen vorläufigen Einwilligungsvorbehalt anordnen, wenn
1. dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht,
2. ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen vorliegt,
3. im Fall des § 276 ein Verfahrenspfleger bestellt und angehört worden ist und
4. der Betroffene persönlich angehört worden ist.

Eine Anhörung des Betroffenen im Wege der Rechtshilfe ist abweichend von § 278 Abs. 3 zulässig.

(2) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung einen Betreuer entlassen, wenn dringende Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Entlassung vorliegen und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.

Aber auch ein vorläufiger Einwilligungsvorbehalt wirkt nur in die Zukunft (§ 287 Abs. 1 FamFG).

§ 287 Wirksamwerden von Beschlüssen

(1) Beschlüsse über Umfang, Inhalt oder Bestand der Bestellung eines Betreuers, über die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts oder über den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 300 werden mit der Bekanntgabe an den Betreuer wirksam.

(2) Ist die Bekanntgabe an den Betreuer nicht möglich oder ist Gefahr im Verzug, kann das Gericht die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen. In diesem Fall wird er wirksam, wenn der Beschluss und die Anordnung seiner sofortigen Wirksamkeit
1. dem Betroffenen oder dem Verfahrenspfleger bekannt gegeben werden oder
2. der Geschäftsstelle zum Zweck der Bekanntgabe nach Nummer 1 übergeben werden.

Der Zeitpunkt der sofortigen Wirksamkeit ist auf dem Beschluss zu vermerken.

(3) Ein Beschluss, der die Genehmigung nach § 1904 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Gegenstand hat, wird erst zwei Wochen nach Bekanntgabe an den Betreuer oder Bevollmächtigten sowie an den Verfahrenspfleger wirksam.

Rechtsgeschäfte, die der Betreute in der Vergangenheit abgeschlossen hatte und die zu entsprechenden Schulden geführt haben, werden dadurch nicht mehr beeinflusst. Die einzige Möglichkeit, solche Geschäfte zu beeinflussen, ist dann gegeben, wenn der Betreute schon damals nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war. Dies ist aber oft nur schwer zu beweisen.

§ 104 Geschäftsunfähigkeit

Geschäftsunfähig ist:
1. wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2. wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

Die Folgen der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts sind, dass eine Willenserklärung der betreuten Person der Einwilligung des Betreuers bedarf, wenn die Willenserklärung in den Aufgabenkreis fällt. Dies entspricht der beschränkten Geschäftsfähigkeit, die eigentlich für Minderjährige von 7 bis 18 Jahren gilt (§ 108-113 BGB), auf die der § 1903 BGB verweist.

Die Einwilligung kann vor oder nach der Willenserklärung der betreuten Person abgegeben werden. Allerdings ist auch hier der Betreuer im Innenverhältnis (also gegenüber dem Betreuten) wiederum an dessen Wohl und Wünsche gebunden (§ 1901 Abs. 2 und 3 BGB). Eine Nichtbeachtung kann daher Schadensersatzansprüche gem. § 1833 BGB auslösen.

§ 1901 Umfang der Betreuung, Pflichten des Betreuers

(1) Die Betreuung umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die Angelegenheiten des Betreuten nach Maßgabe der folgenden Vorschriften rechtlich zu besorgen.

(2) Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.

(3) Der Betreuer hat Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. Dies gilt auch für Wünsche, die der Betreute vor der Bestellung des Betreuers geäußert hat, es sei denn, dass er an diesen Wünschen erkennbar nicht festhalten will. Ehe der Betreuer wichtige Angelegenheiten erledigt, bespricht er sie mit dem Betreuten, sofern dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft.

(4) Innerhalb seines Aufgabenkreises hat der Betreuer dazu beizutragen, dass Möglichkeiten genutzt werden, die Krankheit oder Behinderung des Betreuten zu beseitigen, zu bessern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Wird die Betreuung berufsmäßig geführt, hat der Betreuer in geeigneten Fällen auf Anordnung des Gerichts zu Beginn der Betreuung einen Betreuungsplan zu erstellen. In dem Betreuungsplan sind die Ziele der Betreuung und die zu ihrer Erreichung zu ergreifenden Maßnahmen darzustellen.

(5) Werden dem Betreuer Umstände bekannt, die eine Aufhebung der Betreuung ermöglichen, so hat er dies dem Betreuungsgericht mitzuteilen. Gleiches gilt für Umstände, die eine Einschränkung des Aufgabenkreises ermöglichen oder dessen Erweiterung, die Bestellung eines weiteren Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts (§ 1903) erfordern.

§ 1833
Haftung des Vormunds

(1) Der Vormund ist dem Mündel für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt. Das Gleiche gilt von dem Gegenvormund.

(2) Sind für den Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner. 2Ist neben dem Vormund für den von diesem verursachten Schaden der Gegenvormund oder ein Mitvormund nur wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnis zueinander der Vormund allein verpflichtet.


Der Einwilligungsvorbehalt bedeutet für die betreute Person erhebliche Einschränkungen, denn ohne Einwilligung vom Betreuten geschlossene Verträge sind schwebend unwirksam, ihre Wirksamkeit hängt von der nachträglichen Genehmigung des Betreuers ab (§ 108 Abs. 1 BGB, § 1829 BGB).

Fordert der Vertragspartner des Betreuten den Betreuer auf, den Vertrag zu genehmigen, kann dies bis zum Ablauf von vier Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erfolgen (§ 1829 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1908i Abs. 1 BGB). Geschieht das nicht, gilt der Vertrag als nicht genehmigt und daher als von Anfang an nichtig (§ 108 Abs. 2 BGB). Die empfangegen Leistungen müssen gegenseitig zurückgegeben werden.

Ein Kaufvertrag, der auf diese Weise nichtig wird, ist im Rahmen der Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) rückabzuwickeln. Hier sind in der Regel sowohl die Ware als auch der Geldbetrag dem jeweils Anderen zu erstatten. Es ist allerdings möglich, dass der Betreute die Ware nicht mehr hat, also entreichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB). In solchen Fällen ist die Ware nicht mehr zurückzugeben, der Kaufpreis jedoch muss erstattet werden (Folge des sog. Abstraktionsprinzips).

Handelt es sich um eine Willenserklärung, die nur einseitg ist, also z.B. eine Kündigung von Verträgen, ist diese ebenfalls unwirksam (§ 111 BGB). Hier muss die Einwilligung des Betreuers zwingend zuvor erfolgt sein (§ 1831 BGB).

Alle Fristen fangen erst zu laufen an, wenn Betreuer Kenntnis erhält. Das steht in § 131 BGB.

§ 131 Wirksamwerden gegenüber nicht voll Geschäftsfähigen
(1) Wird die Willenserklärung einem Geschäftsunfähigen gegenüber abgegeben, so wird sie nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter zugeht.
(2) Das Gleiche gilt, wenn die Willenserklärung einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person gegenüber abgegeben wird. Bringt die Erklärung jedoch der in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person lediglich einen rechtlichen Vorteil oder hat der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung erteilt, so wird die Erklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihr zugeht.

Und es gilt noch eine Einschränkung: Auch für behördliche Verfahren sowie in Gerichtsverfahren gelten Schriftstücke erst als zugestellt, wenn der Betreuer diese erhalten hat (§ 12 VwVfG, § 6 VwZG, § 53 ZPO). Diese Maßnahmen dienen dem Schutz des Betreuten. Betreuer sollen auf diese Weise Betreute wirksamer vor einer Übervorteilung schützen.

§ 12 Handlungsfähigkeit
(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig sind,
2.
natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, soweit sie für den Gegenstand des Verfahrens durch Vorschriften des bürgerlichen Rechts als geschäftsfähig oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt sind,
3.
juristische Personen und Vereinigungen (§ 11 Nr. 2) durch ihre gesetzlichen Vertreter oder durch besonders Beauftragte,
4.
Behörden durch ihre Leiter, deren Vertreter oder Beauftragte.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.
(3) Die §§ 53 und 55 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

§ 6 Zustellung an gesetzliche Vertreter

(1) Bei Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen ist an ihre gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Gleiches gilt bei Personen, für die ein Betreuer bestellt ist, soweit der Aufgabenkreis des Betreuers reicht.

(2) Bei Behörden wird an den Behördenleiter, bei juristischen Personen, nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Zweckvermögen an ihre gesetzlichen Vertreter zugestellt. § 34 Abs. 2 der Abgabenordnung bleibt unberührt.

(3) Bei mehreren gesetzlichen Vertretern oder Behördenleitern genügt die Zustellung an einen von ihnen.

(4) Der zustellende Bedienstete braucht nicht zu prüfen, ob die Anschrift den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 entspricht.

§ 53 Prozessunfähigkeit bei Betreuung oder Pflegschaft

Wird in einem Rechtsstreit eine prozessfähige Person durch einen Betreuer oder Pfleger vertreten, so steht sie für den Rechtsstreit einer nicht prozessfähigen Person gleich.


Wenn eine Person geschäftunfäghig ist, bedar es einen Einwilligungsvorbehalt nicht, denn die Person kann nicht zeitgleich beschränkt geschäftsfähig sein. Dennoch erfolgt bisweilen auch bei Personen, die geschäftsunfähig sind, ein Einwilligungsvorbehalt, wenn die Geschäftsunfähigkeit nicht ohne Weiteres erkennbar ist, also insbesondere um dem Betreuer den Nachweis der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften zu erleichtern.